Vereinswanderung 2014

Deutsch-Italienischer Freundeskreis auf gräflichen Spuren

Ziel der Herbstwanderung des Freundeskreises (DIF) war die Traumschleife Mittelalterpfad in Herrstein

Herbstzeit bedeutet Wanderzeit und ein Gedicht von Rainer Maria Rilke beschreibt die Atmosphäre der fallenden Blätter mit romantischen Worten: „Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten.“. Mit dieser Stimmung machten sich 42 Mitglieder des DIF und 3 Gäste am Sonntag, den 19.10.2014 um 9.00 Uhr mit dem Bus ab Budenheim auf den Weg nach Herrstein.

Damit möglichst vielen Mitgliedern die Möglichkeit gegeben wurde, an einem herbstlichen Vereinsausflug teilnehmen zu können, wurde zur Wanderung des Mittelalterpfades eine Alternative angeboten. Ein Aufenthalt im Rheinland-Pfälzischen Freilichtmuseums in Bad Sobernheim, malerisch gelegen in einem Seitental der Nahe. Für diese Variante haben sich 6 Personen entschieden und der Bus war pünktlich zur Öffnungszeit um 10.00 Uhr vor den Toren des Freizeitparkes in Bad Sobernheim.

Für das breit gefächerte Angebot des rheinland-pfälzischen Freilichtmuseums wurde ein mehrstündiger Aufenthalt vereinbart. Doch auch in dieser kurzweiligen Zeit war es unseren Besuchern nicht möglich, all die historischen Gebäude und die mannigfaltigen Gewerke der Vergangenheit zu besichtigen. Somit bleibt stets eine Möglichkeit, in einem weiteren Besuch das Leben der rheinland-pfälzischen Vorfahren während der letzten fünf Jahrhunderte in seinen verschiedenen Facetten kennenzulernen. Gegen 13.00 Uhr erfolgte die Busrückfahrt nach Herrstein.

Mit den restlichen 39 Teilnehmern nahm der Bus seine Weiterfahrt auf und erreichte das Ziel gegen 11.00 Uhr. Am Ortseingang von Breitenthal begann die Wanderung eines Teilstückes des Mittelalterpfades. Der Rundwanderweg „ Traumschleife Mittelalterpfad“ ist ein Teil des Saar-Hunsrück-Steigs, der 2007 eröffnet und vom Deutschen Wanderinstitut als Premiumwanderweg zertifiziert wurde. Mit 64 Erlebnispunkten erreicht der „SaarHunsrück-Steig“ eine TOP-Platzierung unter den deutschen Fernwanderwegen in Deutschland.

Vorbei an den abgeernteten Feldern, leider immer noch im Dunst des herbstlichen Nebels, war die Jammereiche das erste Besichtigungsobjekt. Eine Informationstafel, hergestellt aus heimischen Gehölz, erzählt übersichtlich die Geschichte dieses Naturdenkmals, das seinen Namen durch ein tragisches Ereignis während des 30-jährigen Krieges erhielt. Eine dort aufgestellte, formvollendete Sinnesbank, ebenfalls aus heimischen Holz, in regionaler Fertigung produziert und an weiteren Aussichtspunkten vorhanden, lädt mit Blick in die Weite der Mittelgebirgslandschaft zum Verweilen und Nachdenken ein.  

Der breite mit Laub befallene Waldwanderweg war für alle Teilnehmer gut zu laufen und führte zum Aussichtshügel. Ebenfalls aus heimischen Holz- und Steinmaterialen errichtete Aussichtsplattform bietet dem Wanderer bei klarer Wetterlage eine grandiose Sicht auf die umliegenden Ortschaften, dies war uns zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht gegönnt. Der weitere Wegverlauf brachte uns zu unserem Rastplatz und die Sonne war uns wohl gesonnen und erwärmte mit ihren Strahlen unsere Mittagsrast. Zum Rastplatz gehören nicht nur zwei Schutzhütten mit zweckmäßigen Sitzgelegenheiten, sondern auch festinstallierte, rustikale Holztische und Holzbänke, sowie ein zweistöckiger Aussichtsturm; ein Aufstieg mit Blick in die Weite des Tales wurde zu einem farbenprächtigen Naturerlebnis.

Auf gewundenen schmalen Wegen, begleitet im Sonnenlicht, ging es hinunter zur mittelalterlichen Stadt Herrstein, vorbei an noch blühenden Vorgärten. Am örtlichen Busparkplatz traf die Wandergruppe auch wieder auf die Museumsbesucher, so dass für die komplette Gruppe die gebuchte Stadtführung beginnen konnte. Treffpunkt war das mittelalterliche Stadttor in dem mächtigen Uhrturm, das einst die einzige Zugangsmöglichkeit zur Stadt war.

Nach der Begrüßung unserer Stadtführerin führte uns der Weg auf historischem Pflaster des ehemaligen Marktfleckens entlang der Bürgerfachwerkhäuser aus dem 15. bis 18. Jahrhundert, die sich mittlerweile fachmännisch restauriert und reichverziert präsentieren. Beim Anblick dieses Stadtbildes fühlt sich der Besucher versetzt und verzaubert in eine längst vergangene Zeit. Der Weg führt hinauf zum Rathausplatz, der umgeben ist von zahlreichen blumengeschmückten Bürgerhäusern und zu Füßen des Burgschlosses und der Schlosskirche liegt. Und hier schließt sich der Kreis der gräflichen Spuren.

Die ehemalige Burg Herrstein, früher genannt Herestyn, erstmalig im Jahre 1279 urkundlich erwähnt, gehörte zur damaligen Grafschaft Sponheim, die weit über 60 der umliegenden Orte verwaltete. Die Stadt- und Marktrechte wurden diesem Marktflecken im Jahre 1428 zuerkannt, jedoch entließ dies nicht die Bürger zur Leistung von Frondiensten und der Verpflichtung zur Erhaltung der Stadtmauer. Eine Zeit, die von territorialen Konflikten, Landflucht und Missernten geprägt war, stellte in Armut und Geldmangel große Probleme dar.

Um weitere Plünderer abzuweisen und um die Notlage für die Bevölkerung zu lindern, unternahm die verwitwete Gräfin Loretta von Sponheim mutige Versuche zur Verteidigung der Stadt. So ließ sie z.B. störrische Wildgrafen von Nachbarburgen in Beugehaft nehmen, um ihre Stadt- und Marktrechte zu wahren. Weitere Zeugnisse der historischen Zeit erlebt man in der evangelischen Schlosskirche. Bildtafeln eines unbekannten Meisters und eine barocke Stummorgel gehören zur kirchlichen Zierde.

Der Aufstieg zur Schlosskirche und Wehrgang, der den Glocken- und den angrenzenden Schinderhannesturm verbindet, führt nicht nur am Pranger vorbei, sondern auch an einem gewaltigen Felsvorsprung, dem „Heresteyn“, der dem Ort seinen Namen gab. Der Weg vorbei am Heimatmuseum bringt den Besucher durch verwinkelte Gässchen an einen malerischen Brunnenplatz mit plätschernden, obrigkeitsverhöhnenden Wasserspeiern. Herrstein, gelegen an der touristischen Deutschen Edelsteinstraße, hat die Beschaulichkeit des mittelalterlichen Ortes noch nicht verloren und es bleibt der Wunsch nach Erfüllung der Inschrift, die über der Haustüre eines Bürgerhauses mahnt: „Pax intrantibus – Friede dem Einkehrenden“.  

Nach diesen zahlreichen historischen Eindrücken kam die Zeit für eine gemeinsame, gemütliche Abschlusseinkehr, die zu einer zufriedenstellenden Wanderung gehört. Im bekannten Herrsteiner Gasthaus „Zehntscheune“ waren Plätze reserviert und das freundliche Servicepersonal wartete darauf, uns mit den Köstlichkeiten der heimischen Küche des Hunsrücks verwöhnen zu können. Deftige regionale Gerichte, wie gefüllte Kartoffelklöße mit Hackfleisch, hausgeräucherte Forellenfilets oder Hunsrücker Saumagen wurden mit Appetit genossen. In unterhaltsamer Stimmung fand ein schöner Wandertag sein Ende und die Freunde des Deutsch-Italienischen Freundeskreises erreichten um 19.45 Uhr wieder Budenheim.

 

Hannelore Weeber

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